Grosses Nachtpfauenauge

Saturnia pyri




Das riesige Grosse Nachtpfauenauge ist wohl der eindrücklichste Falter,
mit dem ich bis jetzt in Kontakt gekommen bin,
einfach umwerfend!

Ich bekam dank meiner Homepage im Mai 2001 erstmals die Gelegenheit zwei kleine Raupen des Grossen Nachtpfauenauges aufzuziehen, nachdem ein Schweizer Urlauber einige Eier und ein totes Falter-Weibchen daneben in seinem Schlafzimmer in Sardinien gefunden hatte. Er beschloss ein paar davon heimzunehmen und aufzuziehen, bat mich anschliessend um Rat für die Aufzucht und hat mir als Gegenzug zwei davon abgetreten.

* * * deshalb an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön * * *
* * * an Christian und Nadja Drack! * * *


Das Grosse Nachtpfauenauge heisst auch Wiener Nachtpfauenauge und kommt bei uns in der Schweiz (im Gegensatz zum Kleinen Nachtpfauenauge) nur im Tessin und Wallis vor. Laut meiner Literatur ist es der grösste Schmetterling Europas!

Die Raupen vom Grossen Nachtpfauenauge fressen an verschiedenen Obstbäumen wie Apfel, Birne, Zwetschge oder Kirsche, nehmen aber auch verschiedene andere Laubbäume wie Nussbaum oder Essbare Kastanie. Ich habe 2009 ganz gute Erfahrungen mit Esche gemacht, die findet sich praktisch überall und ist bestimmt nicht gespritzt - was bei Obstbäumen leider häufig der Fall ist.

Die kleinen Räupchen sind erst braun gefärbt mit orangen Wärzchen:


Originalgrösse ca. 1cm

Eine Häutung später ist die Färbung ganz anders:


Nun ist die Grundfarbe türkis mit gelben Wärzchen! Im Gegenlicht sieht man die langen, feinen Härchen mit den dicken Endungen sehr schön

Die Raupen verfügen - wen wundert's - über einen gesegneten Appetit und wachsen entsprechend schnell. Hier haben sie bereits die ausgewachsene Färbung:


 ausgewachsene Raupen sind leuchtend grün mit hellblauen Wärzchen und lange, schwarzen Härchen

 sie sehen einfach umwerfend aus,
wie kleine Punks
 


auf diesem Bild erkennt man die "elefantösen" Hinterfüsse mit denen sie sich ganz schön festhalten können

"Kleine Punks" - wobei "klein" natürlich relativ ist, sie waren am Schluss beinahe so gross wie ein "Wiener Würstchen" (ich glaube aber nicht, dass der Name von da stammt! ).
Die Raupen werden bis 12cm gross und gehören damit zu den grössten, die ich je hatte. Christian und Nadja Drack haben eine ihrer ausgewachsenen Raupen gewogen und sind auf stattliche 10g gekommen.

Vor der Verpuppung verfärben sich die Raupen dunkelorange. Sie stellen das fressen ein und begeben sich auf die Suche nach einem geeigneten Platz wo sie ihren Kokon spinnen können.




diese beiden Fotos stammen von Sandra Haller aus dem Südtessin
sie zeigen eine verfärbte Raupe auf der Suche nach dem geeigneten Kokonplatz an ihrer Hauswand
wo sich die Raupe schliesslich auch verpuppte - grazie mille! :)


Hat die Raupe einen geschützten Platz gefunden, webt sie mit Raupenseide ihren Kokon, den sie sehr gut mit Seide zwischen Zweigen, Blättern (und im Raupenkasten Haushaltpapierfetzen, die ich zu diesem Zweck hineingebe) verankert. Frisch gewebt ist die Seide weiss, dunkelt aber schon am nächsten Tag zu braun nach. Die Kokons sind entsprechend gut getarnt:



Im Innern des Kokons häutet sich die Raupe dann zur Puppe. Sie verbringt viele Monate im Kokon, denn der Falter schlüpft erst im folgenden Spätfrühling.

Am 29. April und am 6. Mai 2002 sind aus diesen Kokons dann bei mir zum 1. mal diese riesigen Schmetterlinge geschlüpft, ich bin damals vor Schreck fast umgekippt als der erste plötzlich so mächtig im Kasten hing:



Das Männchen ist zuerst geschlüpft, es war nicht wesentlich kleiner, als das später schlüpfende Weibchen, hatte aber im Gegensatz zu diesem fein gefächerte Fühler (wie bei den Kleinen Nachpfauenaugen):

 
 

Man sieht auch wie enorm pelzig der Körper des Falters ist, auch an den Beinen trägt er richtige "Hosen". Mit seinen kleinen Haken an den Füssen kann er problemlos an der Flugkastenwand oder meinem Arm emporkraxeln.

Der zweite Falter 2002 war dann netterweise ein Weibchen:
 
 
Wow, welche Wucht!

Wie gesagt, sie schien mir vom Flügelumfang nicht wesentlich grösser zu sein als das Männchen, hatte jedoch einen deutlich dickeren Körper und statt gefächerte nur leicht gezähnte Fühler. Grosse Nachtpfauenaugen nehmen - wie ihre Verwandten die Kleinen Nachtpfauenaugen - als Falter keine Nahrung zu sich und leben entsprechend kurz. Ein Teil des grossen Körpervolumens lässt sich darauf zurückführen, es sind Nahrungsreserven. Der Rest ist beim Weibchen der Eivorrat.

Grosse Nachtpfauenaugen werden von vielen Hobbyzüchtern, die ich kenne, aufgezogen. Ihre riesigen, schönen Raupen und die umwerfenden Falter sind schon etwas ganz spezielles! Ich selber ziehe sie jedoch nur selten auf - der Grund liegt darin, dass diese Art ja leider bei uns in der Nordschweiz nicht vorkommt. Somit fühle ich mich verpflichtet die Falter ins Tessin oder ins Wallis zu bringen, wenn sie geschlüpft sind. Und das ist jeweils eine ziemliche Reise...


Im Wallis am 30.4.2010 freigelassene Grosse Nachtpfauenaugen





Zu den verschiedenen "Pfauenaugen"


Vielleicht ist Ihnen auch schon aufgefallen, dass es mehrere völlig verschiedene Falter gibt, die den Namensteil "Pfauenauge" tragen:

- Grosses (oder Wiener) Nachtpfauenauge
- Kleines Nachtpfauenauge
- Abendpfauenauge
- Tagpfauenauge

Ausser der Tatsache, dass alle diese Arten eine Art Augenzeichnung auf den Flügeln tragen sind sie - abgesehen von den beiden Nachtpfauenaugen - überhaupt nicht miteinander verwandt, im Gegenteil: die vorwiegend nachtaktiven Nachtpfauenaugen gehören in die Familie der Pfauenspinner (Saturniden), das dämmerungs- und nachtaktive Abendpfauenauge gehört zu den Schwärmern (Sphingiden) und das tagaktive Tagpfauenauge zu den Edelfaltern (Nymphaliden). Diese Familien weisen völlig unterschiedliche Charakteristika auf.

Die Personen, die für die Namensgebung verantwortlich waren, haben meiner Meinung nach einfach etwas wenig Phantasie gezeigt )...



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